Developing Efficient and Responsive Community Based Micro Health Insurance in India
Hierarchische Entscheidungen bei der Finanzierung von Gesundheitsversorgung haben für arme Menschen bisher eher bescheidene Ergebnisse vorgebracht, vor allem in Entwicklungsländern. Steuerfinanzierte nationale Gesundheitsdienste konnten die Erwartungen oft nicht erfüllen, da sie notorisch unterfinanziert sind und an einem Mangel an qualifiziertem Personal und angemessener technischer Ausstattung leiden. Gesundheitssysteme, welche auf Sozialversicherungen basieren, sind hingegen meistens für formale Arbeitsverhältnisse konzipiert und erreichen die informell tätige und die ländliche Bevölkerung nicht, die aber in Entwicklungsländern den Großteil der Bevölkerung bilden.
Örtliche Nichtregierungsorganisationen haben daher genossenschaftliche Versicherungsmodelle aufgebaut, die in die lokalen Gemeinschaften integriert sind und einen grundlegenden Versicherungsschutz für relativ geringe Prämien anbieten. Diese gemeindebasierten Mikrokrankenversicherungen (englisch: community-based health insurance = CBHI) sind auf Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen ausgerichtet, und die Mitgliedschaft ist freiwillig. Sie bauen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit sowie den genossenschaftlichen Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung auf und sind nicht profitorientiert. Mitglieder und Gemeinschaft werden in die Auswahl des Versicherungspaketes und der Geschäftsführung der Mikrokrankenversicherung einbezogen.
Trotz der potentiellen Bedeutung solcher gemeindebasierten Mikrokrankenversicherungen für die Ausweitung des Versicherungsschutzes in Entwicklungsgesellschaften gibt es wenig detaillierte Analysen und empirische Belege, welche die Wirkung derselben belegen und Rückschlüsse auf den Aufbau einer effizienten, effektiven, flexiblen und nachhaltigen Mikrokrankenversicherung geben. Ziel des durch das 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission geförderten und zusammen mit Forschungsgruppen der Erasmus Universität Rotterdam und der Micro Insurance Academy in Indien sowie drei indischen lokalen Organisationen durchgeführten Projektes war es, diese Wissenslücke zu schließen. Es konzentrierte sich deshalb auf die Untersuchung derjenigen Aspekte, die für die erfolgreiche Umsetzung einer Mikrokrankenversicherung von Bedeutung sind. Hierzu wurden kontrollierte Feldexperimente durchgeführt, um die notwendigen Daten zu erhalten. Dazu wurden in ausgewählten Dörfern in zwei indischen Bundesstaaten (Uttar Pradesh und Bihar) gemeindebasierte und nach genossenschaftlichen Prinzipien organisierte Mikrokrankenversicherungen aufgebaut und Längsschnittanalysen durchgeführt. Quantitative und detaillierte qualitative Forschung wurden dabei durch die Erhebung räumlicher Daten ergänzt. Die Forschungsgruppe des Seminars für Genossenschaftswesen der Universität zu Köln war dabei zusammen mit Forschern der Micro Insurance Academy für den qualitativen Studienteil verantwortlich.
Der Fokus der qualitativen Forschung lag auf Haushaltsfallstudien. Diese Fallstudien umfassten insgesamt 42 sowohl versicherte als auch nicht-versicherte Haushalte aus verschiedenen sozio-ökonomischen Gruppen. Über einen Zeitraum von 18 Monaten wurden mit den Haushalten Interviews in Vier-Monats-Intervallen geführt, welche sich auf Entwicklungen im Haushalt, Gesundheit und Krankheit und deren Auswirkungen und auf die Nutzung von Gesundheitsdienstleistungen und deren Finanzierung konzentrierten. Durch dieses Vorgehen sollte die Wirkung der Versicherungen auf die Haushalte und die Erfahrung und Zufriedenheit mit denselben untersucht werden.
Zentrale Ergebnisse
Die qualitativen Forschungen haben gezeigt, dass die Haushalte nicht nur finanzielle Faktoren sowie Faktoren der Gesundheitsversorgung bei ihrer Bewertung der gemeindebasierten Krankenversicherung berücksichtigen, sondern dass auch insbesondere das Gefühl der Absicherung ("peace of mind") für die Haushalte von Bedeutung ist. Weiter spielen Aspekte wie die Verlässlichkeit des Versicherungsträgers und soziale Faktoren wie verbesserter Zusammenhalt oder auch Konflikte zwischen Mitgliedern der den Versicherungen zugrunde liegenden Selbsthilfegruppen eine Rolle für den Wert, den die Haushalte der Versicherung beimessen.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Versicherungsleistungen für alltägliche, eher geringfügige Krankheiten wie z.B. Erkältung, Husten, oder normales Fieber von den Haushalten mehr geschätzt wurden als Leistungen, die in Zusammenhang mit schwerwiegenden, dafür nur selten auftretenden Krankheiten stehen. Dies konnte sowohl für finanzielle Aspekte als auch für die Qualität der Gesundheitsversorgung, der Zugang zur selbigen sowie das Gefühl der Absicherung gezeigt werden. Dies zeigt, dass sich die Haushalte mehr um den "täglichen Kampf" mit Krankheiten sowie daraus resultierende Konsequenzen sorgen als um die möglichen katastrophalen Konsequenzen von schwerwiegenden Krankheiten, die nur mit geringer Wahrscheinlichkeit auftreten. Gerade für die Absicherung letzterer waren Mikrokrankenversicherungen aber ursprünglich entwickelt worden.
Darüber hinaus untersuchten wir den durch die versicherten Haushalte wahrgenommenen Effekt der Mikrokrankenversicherungen auf ihren Zugang zu nicht-stationärer Behandlung durch assoziierte Gesundheitsversorger. Unsere Daten zeigen, dass die Haushalte positive und negative Aspekte wahrnehmen. Einerseits schätzen sie den unmittelbaren Zugang zu Gesundheitsleistungen ohne Zusatzzahlungen, andererseits sehen sie die Qualität der Versorgung als niedrig an. Die Versicherungen konnten bis zu einem gewissen Grad einen besseren finanziellen Zugang zu nicht-stationärer Gesundheitsversorgung erreichen und dabei auch den physischen und kulturellen Zugang zu assoziierten Gesundheitsversorgern bewahren. Allerdings hatten ihre Organisationsstrukturen aus Sicht der Versicherten negative Auswirkungen auf die ausgegebene Menge an Medikamenten und erlaubten nur Zugang zu bestimmten Leistungen. Unsere Studie hat damit gezeigt, dass Mikrokrankenversicherungen sorgsam organisiert werden müssen, um die wahrgenommene Zugänglichkeit nicht-stationärer Versorgung nicht negativ zu beeinträchtigen.
Abschließende Ergebnisse aus dem quantitativen Studienteil finden sich auf den Seiten des Institute of Health Policy and Management der Universität Rotterdam und der Micro Insurance Academy.
Veröffentlichungen in internationalen Zeitschriften unter Beteiligung des Seminars für Genossenschaftswesen:
- "?One for all and all for one?; Consensus-building within communities in rural India on their health microinsurance package", Journal of Risk Management and Healthcare Policy (2014), 7: 139-153.
Autoren: David Dror (Micro Insurance Academy), Pradeep Panda (Micro Insurance Academy), Christina May (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln), Atanu Majumdar (Micro Insurance Academy) und Ruth Koren (Tel Aviv University, Israel) - "Non-degree allopathic practitioners as first contact points for acute illness episodes: insights from a qualitative study in rural northern India", BMC Health Services Research (2014), 14: 182.
Autoren: Christina May (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln), Katja Roth (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln) und Pradeep Panda (Micro Insurance Academy)
Noch folgende Artikel unter Beteiligung des Seminars für Genossenschaftswesen:
- "Accessing outpatient care in a community-based micro health insurance program – insights from rural India."
Autoren: Christina May (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln), Pradeep Panda (Micro Insurance Academy), Katja Roth (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln) und Sudeshna Ghosh (Micro Insurance Academy) - "Clients' Perceived Value in Health Microinsurance – Some Insights from Community-Based Health Insurance Schemes in Rural Northern India."
Autoren: Katja Roth (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln), Pradeep Panda (Micro Insurance Academy), Christina May (Seminar für Genossenschaftswesen, Universität Köln) und Sudeshna Ghosh (Micro Insurance Academy)
Veröffentlichungen durch Projektpartner:
- Doyle C, Panda P, Van de Poel E, Radermacher R and Dror D, (2011), “Reconciling Research and Implementation in Micro Health Insurance Experiments in India: Study Protocol for a Randomized Controlled Trial”, Trials, 12:224.
- Dixit S and Panda P (2013): “Spatial Research Methodology Supplementing Cluster Randomized Control Trials: Learning from a Study of Community-based Health Insurance Schemes in India”. International Journal of Geoinformatics 9(3).
- Panda P, Chakraborty A, Dror D M, Bedi A S (2013). ‘Enrollment in Community Based Health Insurance Schemes in Rural Bihar and Uttar Pradesh, India’. Health Policy and Planning, doi: 10.1093/heapol/czt077.
- Raza W A, Poel E V D, Panda P, Dror D M, Bedi A S (2013). “Healthcare Seeking Behaviour among Self-help Group Households in Rural Bihar and Uttar Pradesh, India”. Working Paper No. 575, International Institute of Social Studies, Erasmus University, Rotterdam, the Netherlands, December (ISSN 0921-0210).
- Ranga, V and Panda, P (2014). “Spatial access to in-patient health care in northern rural India” Geospatial Health 8(2) pp. 545-556.
Projektteam: Christina May und Dr. Katja Roth
Projektleitung Köln: Prof. Dr. Hans Jürgen Rösner
Projektpartner:
Erasmus Universität Rotterdam (Koordination, Niederlande)
Universität Köln
Micro Insurance Academy (Indien, New Delhi)
BAIF (Indien, Uttar Pradesh)
Shramik Bharti (Indien, Uttar Pradesh)
Nidan (Indien, Bihar)
Laufzeit: 2009-2014
Finanzierung: 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission